Bhutan 19.10.2018
Kuzuzangbola!
Die ersten paar Tage in Bhutan sind vorbei. Es ist tatsächlich wunderschön hier. Ganz entspannt, unangestrengt und frei. Am liebsten mag ich überall anhalten und laufen, statt mit dem Auto zu fahren. Vom Dschungel im Süden mit Sichtung von Affen, einer verschlungenen Pflanzenwelt, über Pässe von über 3.000 Metern, Phalli an Eingangstüren und sozialen, ökologischen, politischen Fragen… alles dabei.
Es ist also so – ich habe einen privaten Guide und einen privaten Fahrer. Beide sind witzig und offen, erklären mir das Land und ich lerne viel. Noch bin ich vorsichtig mit einigen Fragen, aber es bleiben ja noch ein paar Tage 😊 Unabhängig vom Land des Glücks ist dieses Land tatsächlich glücklich beschenkt! Hier wächst alles – Tomaten genauso wie Bananen. Alles (!) ökologisch produziert und ja, man schmeckt es. Ich hatte das Glück, die Reisernte im Süden zu erleben. Jedes Korn macht viel Arbeit… da lernt man das Essen wieder schätzen. Und ja, Umweltverschmutzung (also auch das Ausversehen-Fallenlassen von Müll) ist verboten. Ebenso wie Rauchen in der Öffentlichkeit. Dienstag wird kein Alkohol ausgeschenkt (Tuesday – Dryday), aber für die Tourist*innen ist alles möglich. Gestern waren die dritten nationalen Wahlen. Aber eigentlich ist es egal, wer gewinnt (hat anscheinend was von Talentshows), weil “der König passt auf uns auf” 😏. Und ja – auch hier gibt es Polizei und Gefängnisse. Aber Marijuana wächst am Straßenrand als “Unkraut”. Heute ist hier in Bhutan der letzte Tag vom lokalen Tempel (Dzong)-Festival, bedeutet: rausputzen und zum Maskentanz gehen. Dort den Tag mit Familie und Freund*innen und doch vielen Tourist*innen verbringen. Letztere werden immer mehr, je weiter ich nach Westen komme. Die hohen Visagebühren machen auch neugierig auf das Land des Drachens. Dennoch macht das Sinn. Mit meinem Geld werden Tempel und Klöster renoviert, die beim Erdbeben 2015 zerstört wurden. Kinder gehen kostenfrei zur Schule (wundervolle Einrichtungen, echt jetzt, das sieht nach richtig guten Lernbedingungen aus), Mönche erhalten Unterkunft und Essen. Heute war ich in einem Tempel, der im 8. Jahrhundert gebaut wurde – irgendwie muss das erhalten bleiben.
Kulinarisch werde ich jeden Tag bestens versorgt. So abwegig ist das Essen hier nicht – viel Reis und Gemüse, jede Menge Chillies, Buttertee, der garnicht so schlimm ist, wie ich immer wieder gehört hatte. Die Butanische und Tibetische Kultur stehen sich sehr nahe, das merke ich an vielen Stellen. Das buddhistische Bhutan ist jedoch reicher an Bergen und Wäldern. Und damit das einzige Land der Welt mit einem negativen CO2-Verbrauch. Bhutan riecht und schmeckt gut. Nach Lemongras, nach Chillies. Nach Gastfreundschaft und Freude über dieses Land, die Welt und die Menschen an sich. Der Buddhismus wird hier wirklich täglich gelebt – damit sind menschlicher Umgang und Mitgefühl, Umweltschutz und Achtung gegenüber allem, Vertrauen und Miteinander die einzige logischen Schlüsse. Alles andere macht einfach keinen Sinn. Kognitiv und emotional. Was wir nicht alles lernen könnten…
Trashi dele – Viel Glück!
Bhutan 25.10.2108
Kuzuzangbola ihr Lieben!
Da ich morgen für drei Tage wandern gehe, hier ein Zwischenstand Bhutan. Mir bleiben noch fünf Tage und diese werden bestimmt noch ganz aufregend und wunderbar.
Bhutan bleibt spannend, aber ich muss gestehen, dass ich die hohen Visumgebühren nicht noch mal zahlen würde. Mir ist aufgefallen, dass ich eine kritische Reisende geworden bin und gerne mit einer rosaroten Brille unterwegs wäre. Hier wird viel angepriesen, jedoch auch viel lieber nicht erwähnt. Nicht ohne Grund sind bestimmte politische Bereiche kritisch, wenn nicht sogar unkompatibel mit den Menschenrechten. Homosexualität ist illegal, es gibt mehrere Menschengruppen, die nicht wählen dürfen oder unter fiesen Bedingungen arbeiten, im Straßenbau zum Beispiel. Dort arbeiten nur Inder*innen und hausen in Slums am Straßenrand. Das schmerzt und lässt mich daran erinnern, wie gut es mir in Deutschland geht, das ich ganz schön oft auf hohem Niveau klage und aber auch, dass ich trotz Klugscheißerin eben nicht alles weiß oder verstehen kann und muss. Aushalten, Geduld und Abwarten habe ich hier gelernt – oder besser angefangen zu verstehen. Gelernt ist übertrieben.
Dennoch spannend! Bhutan verändert sich rasant und es wird versucht, möglichst viel Tradition zu bewahren und mit der industrialisierten Welt mitzuhalten. Gho und Kira (Nationaltracht) werden tatsächlich tagtäglich getragen. Und alle haben Smartphones (ja, auch die Mönche und Nonnen, und auch die werden zu Smombies). In Thimphu der Hauptstadt Bhutans (eigentlich nur zur Sommerzeit) erlebt man dieses Bewahren und Entwickeln Tür an Tür. Dafür bekomme ich dort auch echten und leckeren Cappuccino und Käsekuchen. Das war wirklich ein Genuss-Moment ☺️. Ebenso wie ich mich über das Graubrot und „Schweizer Käse“ (ein Einwanderer, der auch sein eigenes Bier braut und vermarktet) gefreut habe. Abgefahren, wie sehr ich doch Kind meiner Erfahrungen bin. Da freut sich mein Herz und Magen so richtig über ne Käsestulle. Doch zurück – das Tradition-Moderne-Thema kann Konflikte geben auf die Dauer. Im Moment ist zb die Gleichberechtigung der Geschlechter echt schwierig („schau mal, ein weiblicher Guide“), wenn auch auf dem Weg. Die Gefahren der schnellen Übernahme von dem, was hier als „modern“ bezeichnet wird, kann einzelne nach hinten schieben. Die Probleme sehen wir ja überall auf der Welt, auch politisch. Dafür sehe ich tanzende HipHopper*innen, indisches TV und Werbung für Produkte, die bestimmt nicht hier produziert wurden. Alle wollen das Beste. Auch im Land des Glücks.
Es ist so grün und bergig hier! Ich merke, dass die Menschen froh sind, hier geboren worden zu sein und stolz sind, alles dafür tun zu können, um es so zu erhalten. Wirtschafts-Interessen zeigen sich dennoch, überall wird gebaut, es sollen mehr Tourist*innen kommen. Und es sind viel viel mehr, als ich dachte. Umso mehr kann ich mich darüber freuen, das Land vom Osten her kennengelernt zu haben. Dadurch erlebte ich ein ganz anderes Bhutan. Nachwievor kann ich mich sehr glücklich schätzen mit meinen beiden Begleitern, sie ermöglichen mir viel und auch auf die kritischen Fragen bekomme ich Antworten. Der freie Nachmittag in der Hauptstadt war dennoch phantastisch. Endlich mal wieder allein losziehen und nicht nach Programm 😊
Abschließend bleibt zu sagen – ich bin reisemüde. Oder alt 😂 ich freue mich sehr auf mein Zuhause, das Auspacken und bleiben können. Auf Käsekuchen und Käsebrötchen. Auf ungesüßtes Essen und Trinken und vor allem auf Menschen. Es ergeben sich außerdem gerade neue und alte Projekte und Jobs. Das wird ne schöne Zeit. Das beste ist – ich kann die letzten Tage in Bhutan und die drei Tage in Kathmandu / Bhaktapur noch richtig genießen und mich trotzdem schon auf Wiesbaden freuen. Und nehme ganz viele neue oder vergessene Impulse mit in meinen Alltag 🙏
Trashi Dele! Lasst es euch gut gehen und fühlt euch umarmt
Bhutan 30.10.2018
Die letzten Bilder aus Bhutan 🇧🇹
Das Land des Glücks hat Eindruck hinterlassen. Bin heute morgen zurück nach Nepal und werde hier noch eine kurze Zeit bleiben. Nachbereitung, -denken und -fühlen der letzten 7 Wochen und spüren und selbstständig entscheiden, was ich mit den letzten Tagen noch anfangen mag. Endlich wieder freier sein.
Bhutan ist – ja was eigentlich? Großartig! Aber auch wirklich kritisch zu sehen. Die Menschen, die Natur, die Kultur. Bewundernswert, faszinierend. Ich habe viel gesehen, gelernt, probiert, ein paar Wörter aufgeschnappt (und damit andere Menschen sehr irritiert), leckeres Essen zum Nachkochen, das eine oder andere Erinnerungsstück, sehr viele Bilder und Geschichten. Wer sich überlegt, nach Bhutan zu reisen, muss sich allerdings beeilen – ich fürchte, das Land orientiert sich immer mehr an touristischen Inhalten, weil das Geld bringt. Gäste bedeuten Geld. Geld bedeutet Konsum, ggf um zu spenden, aber auch um ein Smartphone zu haben oder den Kinder doch ein besseres oder überhaupt ein Studium (im Ausland) zu finanzieren. Das System haben Menschen aus Bhutan natürlich auch begriffen und stellen sich darauf ein. Rasant, der Kuchen liegt da und alle wollen ein Stück. Auch im Land des Bruttonationalglücks. Hotels werden (aus-)gebaut, Souveniershops gibt es überall. Nur allein reisen darf man nicht. Das war auch mein Problem. Ich kam nie so nah ran, wie ich wollte. Einfach mal hinsetzen und zuschauen war nicht so einfach möglich. Öfter habe ich Guide und Fahrer frei gegeben. Dennoch abhängig.
Ob sich das viele Geld lohnt? Hm… davon kann man auch ganz andere Sachen machen. Ohne das Erbe hätte ich es nicht gemacht, so habe ich allerdings einem Wunsch entsprochen und der Wünscher hat mich sehr intensiv und emotional auf dieser Reise begleitet.
Bhutan brachte mich allerdings dazu, vieles zu hinterfragen und neue Ideen, Lösungen, Strategien, Reisen zu finden. Der Übergang heute zu Nepal hätte nicht besser sein können – Eine Freundin vom Meditationsretreat getroffen und verquatscht, als würden wir uns Jahre kennen… Kathmandu (und sei es auch nur der Flughafen), bleibt das chaotisch, liebevoll verrückte Etwas. Bhaktapur (Stadt im Kathmandu-Tal, wesentlich ruhiger – jetzt 19:30 und ich höre nur die Hunde) bewundere ich die nächsten Tage.
Wünsche euch allen das Allerbeste! Be happy – stay happy 😌 und ich freue mich auf die Umarmungen 🤗